Matte Painting
Als Matte Paintings bezeichnet man starre Hintergrundbilder, die zur Vervollständigung von Filmaufnahmen verwendet werden. Die Herstellung dieser handgefertigten Malereien ist in vielen Fällen kostengünstiger und weniger zeitaufwändig als der Bau größerer Kulissen oder der Einsatz von umfassenden 3D-Computermodellen. Sie können sowohl von Hand auf Glasflächen gemalt oder digital erstellt werden, und wurden seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in verschiedener Gestalt für zahlreiche Filme eingesetzt.
Klassisches Matte Painting[Bearbeiten]
Bereits zur Zeit der Schwarzweiß-Filme setzte man auf bemalte Glasflächen, die abgelichtet und mit dem zuvor erstellten Filmmaterial zusammengeführt wurden. Als Vater dieser Filmtechnik gilt der Fotograf und Regisseur Norman Dawn, sein erster Film California Missions aus dem Jahre 1907 ist somit auch der erste in dem jemals Matte Paintings verwendet wurden. Mit der Zeit mehr und mehr perfektioniert, konnten mithilfe dieser Technik in den folgenden Jahrzehnten Zeit und Geld für die Herstellung von Sets oder die Umgestaltung realer Drehorte eingespart werden. Auch nicht existierende Schauplätze konnten so mit großer Freiheit gestaltet werden. Vor dem Aufkommen der Computergrafik in der Filmbranche (computer generated imagery, CGI) gab es zur Verwendung von Matte Paintings in diesem Punkt kaum Alternativen. Bis hin zu den Indiana Jones-Filmen blieb diese Technik daher ein grundlegendes Werkzeug für die Filmproduktion, weshalb Firmen wie beispielsweise Industrial Light and Magic ihre eigenen Abteilungen hierfür unterhielten. Die für diese Arbeit benötigten Künstler mussten in ihren Werken Objekte und Landschaften nahezu perfekt wiedergeben oder auch glaubhaft neu erschaffen können. Wichtig für den Einsatz dieser Gemälde war die Planung des Inhalts und des Aufbaus. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei der Wahrnehmung des Zuschauers, dessen Augen durch die Komposition und die Helligkeitsverteilung gezielt zu den entscheidenden Inhalten des Bildes und den eingefügten Filmszenen geführt werden sollte. Die Bildaussage musste zudem schnell erkenntlich sein, da die meisten Matte Paintings weniger als zehn Sekunden im Film zu sehen waren. Je später der nächste Schnitt folgt, desto eher wird dem Zuschauer bewusst, dass es sich um eine gemalte Umgebung handelt. Auch viele Schauplätze der Klassischen Trilogie von Star Wars wurden mittels Matte Painting umgesetzt, darunter die Landschaften von Planeten wie Tatooine oder Yavin IV und die verschiedenen großräumigen Hangars.
Technische Anwendung[Bearbeiten]
Die Anwendung der klassischen Matte Paintings erfolgte auf verschiedene Weise. Die älteste davon, die sogenannte Rückprojektion (rear projection), wird mithilfe eines Filmprojektors durchgeführt, der hinter der bemalten Bildfläche platziert wird. Ein transparentes Stück Kunststoff hinter einer nicht bemalten Aussparung auf dieser Fläche dient ihm als Leinwand, auf den die zuvor mit Schauspielern gefilmte Szene projiziert wird. Vor der Bildebene befindet sich nun die Kamera, die sowohl das Matte Painting als auch die hereinprojizierte Filmsequenz aufnimmt. Auch die Verwendung mehrerer Projektoren und Kunststoffleinwände ist möglich, so wurden für Aufnahmen des Ewok-Dorfes in Die Rückkehr der Jedi-Ritter zwölf verschiedene Szenen des Lebens im Dorf mit eingefügt. Da nicht beliebig viele Projektoren gleichzeitig eingesetzt werden können, müssen unter Umständen mehrere Durchgänge gefahren werden.
Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte Frontprojektion (front projection). Hierbei wird das gefilmte Material von vorne auf die bemalte Glasscheibe projiziert, um zusammen mit dieser - ebenfalls von vorne - von der Kamera aufgenommen zu werden. Wichtig für ein optimales Ergebnis ist hierbei, dass die Ausrichtung der Kamera und des Projektors exakt übereinstimmen. Da beide Geräte jedoch nicht ein einer Linie miteinander montiert werden können, verwendet man einen Einwegspiegel, der sich um 45 Grad gedreht auf einer Linie zwischen der Filmkamera und dem Matte Painting befindet. Auf seiner der Kamera abgewandten Seite liegt der Projektor, sodass er senkrecht zur Kamera-Achse steht. Die Projektion wird vom Spiegel auf die Glasscheibe gelenkt, und dort an der entsprechenden Stelle von einer Schicht des gerichtet reflektierenden (retroreflektierenden) Materials Scotchlite in Richtung der Kamera zurückgeworfen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der höheren Schärfe und der ausgeglicheneren Beleuchtung des einprojizierten Filmmaterials. Nahezu alle mithilfe von Matte Paintings erstellten Szenen für Das Imperium schlägt zurück wurden auf diese Weise umgesetzt.
Beide Methoden wiesen jedoch einen wichtigen Nachteil auf, der sich vor allem bei der Umsetzung für Fernsehproduktionen zeigte. Da man nicht das Original der live gefilmten Aufnahmen verwendete, konnten Störungen wie zum Beispiel Unterschiede im Farbton zwischen Matte Painting und dem einprojizierten Material auftreten. Beim latent image matte painting hingegen wird der Originalfilm nur zum Teil belichtet, sodass der durch Matte Painting zu verändernde oder zu ergänzende Teil später nachbelichtet werden kann. Dafür wird am Drehort zunächst auf einer vor der Kamera befindlichen Glasscheibe der nicht benötigte Bildausschnitt geschwärzt. Nur die darauf folgenden Testaufnahmen ohne Schauspieler wurden zunächst entwickelt, nicht die tatsächliche Szene. Das neue Matte Painting wird immer wieder mit den Testaufnahmen abgeglichen und in zahlreichen Probeläufen mit ihnen zusammen belichtet, um die Übergänge anzupassen und so perfekt wie möglich zu gestalten. Tatsächlich besteht hierbei die Gefahr, das Testmaterial zu verbrauchen, und damit die Umsetzung der ganzen Aufnahme zu gefährden. Ist dieser Arbeitsgang geschehen, so wird der Originalfilm abschließend mit dem fertigen Matte Painting an seinem ausgesparten Bereich erneut belichtet, um das vollständige Bild zu erhalten. Durch die direkte Verwendung des Originalfilms erzielte man eine wesentliche höhere Qualität, da keine Verluste durch Kopie oder Projektion mehr gab. Schon im Jahre 1982 hatte ILM für E.T. - der Außerirdische am Verfahren des latent image matte painting experimentiert. Erst bei Ewoks - Die Karawane der Tapferen wurde dieses jedoch auch wirklich eingesetzt.
Neben dem Matte Painting an sich verwendete zum Beispiel die Matte-Abteilung von ILM noch weitere Elemente wie Miniaturmodelle oder nachgebildete Wolken um die Wirkung zu verbessern. Durch den Einsatz mehrerer hintereinanderliegender Ebenen konnte zudem der räumliche Eindruck verstärkt werden. Ein großer Schwachpunkt des Matte Painting blieben trotz zahlreicher solcher Möglichkeiten die Beschränkung auf eine starre Kamera. Schon kleinste Bewegungen ließen die aufwändige Illusion als zweidimensionales Bild auffliegen. Die Umsetzung von Schwenks war dennoch möglich, auch wenn man hierfür meist Aufnahmen von einem größeren Filmformat erneut abfilmen musste. Erst mit dem Aufkommen präziser, computergesteuerter Kameras, die eine am Set ausgeführte Bewegung vor einem Matte Painting exakt wiederholen könnten, ermöglichten eine Zuverlässige Umsetzung. Die Nutzung solcher motion control cameras war, von frühen, elektronisch gesteuerten Modellen abgesehen, jedoch erst relativ spät möglich. Sie ist jedoch bis heute ein wichtiges Werkzeug für die Filmproduktion und in vielen Fällen zur Nutzung von modernen Techniken wie dem Bluescreen notwendig.
Digitales Matte Painting[Bearbeiten]
Mit dem zunehmenden Gewicht des CGI in der Filmbranche konnte neben der Benutzung der bereits genannten Bluescreens auch klassische Techniken wie das Matte Painting in digitaler Form genutzt werden. Während das Compositing, also das Zusammenführen von Bildinhalten früher meist durch das tatsächliche Belichten von Film mit verschiedenen einzelnen Elementen geschah, brachte die Digitalisierung der Filmproduktion eine größere Freiheit mit sich. Schnitt, Compositing, Nachbearbeitung und viele weitere Arbeitsschritte konnten bald beliebig oft verworfen, überarbeitet und korrigiert werden, ohne Film zu kopieren oder Testaufnahmen verbrauchen zu müssen. Matte Paintings konnten nun entweder weiterhin gemalt werden, um sie später zu digitalisieren, manche entstanden hingegen direkt am Computer.
Trotz der wachsenden Bedeutung der 3D-Animation, in der ganze Landschaften als Computermodell glaubhaft umgesetzt werden konnten, blieben sie ein wichtiges Mittel um Zeit und Aufwand zu sparen. So entstanden für die Schauplätze der Prequel-Trilogie zum Teil vollständige Panoramen, die nach Bedarf als Hintergrund für die Handlung oder Landschaftsaufnahmen benutzt werden konnten. Eine besondere Art des digitalen Matte Paintings sind die sogenannten cycloramas. Sie stellen eine Aussicht von einem bestimmten Ort für Kameraschwenks oder mehrere Einstellungen in verschiedene Richtungen dar, und reichen dabei von scheinbar halbrunden Darstellungen bis hin zu kompletten Rundumsichten (360°-Schwenk). Die perspektivische Darstellung eines umlaufenden Panoramas ist dabei die besondere Herausforderung für den Künstler. Solche speziellen Darstellungen können Ausmaße von mehreren zehntausend Bildpunkten (Pixel) in der Breite annehmen. Eine weitere computergestützte Variante ist die Verwendung eines mit leichter Bewegung und Effekten versehenen Hintergrunds, wie man ihn für Mustafar in Die Rache der Sith einsetzte - auch wenn dies streng genommen in den Bereich der 2D-Computeranimation fällt.
Literatur[Bearbeiten]
- Industrial Light and Magic – The Art of Special Effects
- The Making of Episode I
- The Making of Star Wars
- George Lucas und die Schöpfung seiner Welten
Weblinks[Bearbeiten]
- Digitale Matte Paintings für Episode III von Yanick Dusseault
- Matte Painting in der deutschsprachigen Wikipedia