Jedipedia:OSWM 92
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Die Tarkin-Doktrin
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Vorsprung durch Technik | |
Innovation treibt die Wirtschaft an, verbessert die Lebensqualität und ist damit die Überlebensgarantie für die meisten Zivilisationen, sowohl in der realen Welt als auch in einer weit, weit entfernten Galaxis. Das Kriegshandwerk war stets eng mit dem technischen Fortschritt verknüpft – was auch einleuchtet: Strategische Unterlegenheit ist selbst durch taktische Brillanz nicht immer wettzumachen, sodass neuere und bessere Waffen, aber auch logistische Innovationen hermüssen. Auf der Erde sahen wir auf der einen Seite die Erfindung des Schwarzpulvers, die Ritter in Rüstungen obsolet machte, aber auch die Entwicklung der Konservendose unter Napoleon Bonaparte zur Versorgung seiner Truppen auf der anderen Seite. Keine Idee steht für sich alleine, auf jede Aktion folgt eine Reaktion. Kaum gab es Explosivgeschosse für den Seekrieg, erkannten die Baumeister jener Zeit, dass Holzschiffe dem Beschuss mit Bombenkanonen nicht gewachsen waren, und veranlassten den Bau erster Vorläufer der späteren Panzerschiffe. Zum ersten Gefecht dieser metallenen Monstrositäten kam es während des amerikanischen Sezessionskriegs in der Schlacht von Hampton Roads zwischen dem Unionsschiff Monitor und der konföderierten Panzerfregatte Virginia – natürlich ein Unentschieden, weil keines der Schiffe die gegnerische Panzerung zu durchdringen vermochte. Und, wie wir alle wissen, prägte eine ganz bestimmte technische Innovation zuletzt sogar eine ganze Epoche. Mit der Entwicklung der Atombombe setzte im Kalten Krieg eine jahrzehntelange Ära der gegenseitigen nuklearen Abschreckung ein. Ist die reine Existenz einer derart zerstörerischen Waffe vielleicht sogar ein Garant für den Frieden? Einen relativ ähnlichen Gedanken fasste der Imperiale Wilhuff Tarkin, als er kurz nach seiner Erhebung zum ersten Großmoff interviewt wurde. Demnach stellt die Vereinigung der gesamten Galaxis unter imperialem Regime die einzig sinnvolle Möglichkeit zur Sicherstellung eines dauerhaften, universellen Friedens dar. Nicht fehlen darf in dieser Rechnung natürlich ein übermäßig starkes Militär, das jede Revolte gegen diese Herrschaft im Keim ersticken soll. Diese bald als Tarkin-Doktrin gefeierte Erkenntnis liest sich auf der einen Seite durchaus positiv – gegen Stabilität und Frieden werden die wenigsten Bürger etwas einzuwenden haben. Doch zwischen den Zeilen lassen sich auch hier Tarkins wahre Überzeugungen herauslesen: Furcht soll die einzelnen Systeme gefügig machen, denn ein Frieden durch Abschreckung ist doch zumindest immer noch ein Frieden, oder? |
Und so kommt es, dass das Galaktische Imperium direkt nach den Klonkriegen mit einer massiven Rekrutierung und Aufrüstung beginnt – nach Ansicht der einen für den Krieg nach dem Krieg, gemäß imperialer Propaganda selbstverständlich nur zur Friedenssicherung. Hinzu kommt, dass das imperiale Militär gemäß dieser Philosophie nicht einfach nur mächtig, sondern regelrecht furchteinflößend sein muss. Wenn man diesen Ansatz glaubhaft umsetzen möchte, genügt es nicht, gegnerische Mächte einfach nur zu besiegen, sie müssen von der schieren Übermacht der imperialen Militärmaschinerie geradezu zerquetscht werden. Je unmäßiger das Ausmaß der Zerstörung, je vernichtender der imperiale Sieg ist, desto mehr sinkt die Wahrscheinlichkeit, ein zweites Mal zuschlagen zu müssen. Leere Drohungen reichen hier natürlich nicht und so ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis das Imperium in dieser Hinsicht „vorzeigbare Resultate“ liefern muss. Wie wäre es da etwa mit der Zerstörung eines kompletten Planeten? Diese Doktrin der Herrschaft durch Furcht fußt auf einer weit verbreiteten Annahme über die menschliche Natur. Schon im alten China zur Zeit der Streitenden Reiche gingen die Legalisten, eine philosophische Strömung, von einem grundsätzlich schlechten Menschen aus. Eine wirkliche Verbesserung durch Erziehung sei nicht möglich, sondern einzig die Androhung schwerster Strafen halte ihn von dem schädlichen Handeln ab, das seine Natur bestimmt. Ruhe gibt es erst, wenn drakonische Maßnahmen angedroht sind. Wer kennt das nicht von zu Hause? Treibt man das Ganze auf die Spitze und lässt nicht nur eine Seite drohen, erhält man ein „Gleichgewicht des Schreckens“: Zwei Supermächte halten sich durch ihre atomaren Waffenarsenale gegenseitig in Schach und wagen keinen offenen Krieg miteinander. Dass sich ein Wilhuff Tarkin niemals auf ein solches Patt einlassen würde, dürfte jedem klar sein. Er ist ein Fan der „Massiven Vergeltung“, wie das Beispiel Alderaan eindrucksvoll zeigt – „Flexible Response“ war gestern! Logisch, dass sich der Großmoff als Begründer der Tarkin-Initiative für die Entstehung einer wahren Denkfabrik der militärischen Forschung verantwortlich zeigt. Deren wichtigstes Produkt kennen wir wohl alle … |
Die ultimative Waffe | |
Die Rede ist natürlich von der wohl kultigsten Kugel des Star Wars-Universums, der Orbitalen Kampfstation TS-1, landläufig bekannt als „Todesstern“ – so kultig, dass es nicht eine, nicht zwei, sondern – wenn man so will – sogar drei Auflagen zu bewundern gibt: den ersten Todesstern, den zweiten Todesstern und die Starkiller-Basis. Natürlich ist jede noch größer als die vorhergehende. Kam der erste Todesstern gerade einmal auf einen Durchmesser von 160 Kilometern, schwoll er bei Nummer zwei immerhin schon auf 200 Kilometer an. Nun, und die Starkiller-Basis, bei der gleich ein ganzer Planet raumflugtauglich gemacht wurde, misst gar 660 Kilometer. Es gibt eben immer einen noch größeren Fisch. Aber was das den Steuerzahler wieder kostet! Überraschenderweise werden die Baukosten der ersten beiden Todessterne gemeinhin mit jeweils gut 1.000.000.000.000 Credits vergleichsweise niedrig beziffert. Demnach hätte es sogar genügt, wenn jeder Bewohner der galaktischen Metropole Coruscant einen Credit zu dem Bauprojekt beigetragen hätte – irdische Großbauprojekte wie der Berliner Hauptstadtflughafen kommen da weitaus weniger billig weg. In Sachen Effizienz steht das Projekt Todesstern seinen realen Pendants hingegen in nichts nach: Mit einer Bauzeit von etwa 22 Jahren ist der Begriff „schleppend“ noch ein Euphemismus für den Baufortschritt der „ultimativen Waffe“. Allerdings scheint das Imperium seine Rohstoffe im Allgemeinen etwas effektiver zu nutzen als wir Erdenbürger. Eine Studie der Universität Lehigh in Pennsylvania ergab, dass allein die Herstellung der für den Bau eines Todessterns nötigen Menge an Stahl etwa 825 Billiarden Dollar verschlingen würde – Entwicklungs- und Baukosten nicht einberechnet! Kein Wunder also, dass sich die US-Regierung vor einigen Jahren trotz einer erfolgreichen Onlinepetition klar gegen ein solches Vorhaben aussprach. Aber wer weiß, vielleicht handelt es sich bei ihrer aktuell im Aufbau befindlichen sechsten Teilstreitkraft, der US Space Force, zumindest um einen Vorläufer des Sturmtruppenkorps … Die Abteilung für Hochleistungswaffenforschung des Imperiums scheint bei der Entwicklung der Todessterne dagegen ganze Arbeit geleistet zu haben. Die Entwicklung und Konstruktion des ersten Superlasers nahm zwar den größten Teil der Bauzeit in Anspruch, erwies sich jedoch letzten Endes als ein wahrer Volltreffer, wie die Stadt Jedha und Alderaan relativ deutlich zu spüren bekamen. Galen Erso und seine fünfköpfige Forschungsgruppe produzierten während ihrer dreizehnjährigen Gefangenschaft auf Eadu wahre Wunderwerke der Technik – unter Druck arbeitet es sich eben doch immer noch am besten. Größter Entwicklungsschritt zwischen dem ersten und zweiten Todesstern war fraglos die Ladezeit des Superlasers: Benötigte der erste noch ganze 24 Stunden, um nach einem Einsatz wieder voll aufgeladen zu werden, war die Primärwaffe des Nachfolgers schon innerhalb von nur drei Minuten einsatzbereit. Doch nicht nur der Einsatz des Todessterns löscht ganze Völker aus, sogar sein Bau schaffte das bereits. Um das Großprojekt unter allen Umständen vor der Rebellion und ganz besonders Saw Gerrera geheim zu halten, löschte das Imperium kurzerhand die gesamte Bevölkerung des Planeten Geonosis aus, über dem der Todesstern über mehrere Jahre hinweg konstruiert wurde. Erste Ideen zum Bau eines Todessterns, so erzählt man sich, hatten schon die Kriegsbaumeister des alten Sith-Imperiums. Tatsächlich wurden diese Konzepte sogar auf dem verschollenen Planeten Malachor realisiert: Bei dem riesenhaften, pyramidalen Sith-Tempel handelt es sich tatsächlich um eine antike Superwaffe, die durch die Aktivierung eines Sith-Holocrons bedient wird. Angetrieben wird diese Waffe – wie soll es auch sonst sein – von der Kraft der dunklen Seite der Macht. Jahrtausende vor dem Galaktischen Bürgerkrieg kam es hier zu einem fatalen Aufeinandertreffen zwischen den Mächten des Guten und des Bösen, das Historiker späterer Epochen als Große Geißel von Malachor bezeichneten. Von diversen Superwaffen auf beiden Seiten ist in Erzählungen aus dieser Zeit die Rede. Ob da wohl der berühmt-berüchtigte Masseschattengenerator eine Rolle spielte? Man wird es wohl nie erfahren. Eine Superwaffe, die zugleich im Realraum und im Hyperraum existiert, ist ein machtvolles Werkzeug – so machtvoll, dass sich das Imperium der Erforschung dieser Technologie widmete. Wenn man den Geheimdienstberichten der Rebellion Glauben schenken darf, konnten auf diesem Gebiet jedoch keine nennenswerten Erfolge erzielt werden. |
Geradezu lächerlich im Vergleich zu den bisher vorgestellten Superwaffen wirkt hier der sogenannte Asteroiden-Dreadnaught. Dabei handelt es sich, oh Wunder, um ein als Asteroid getarntes Großkampfschiff. Tatsächlich machten erste Pläne für eine derartige Monstrosität bereits im Nachklang der Blockade von Naboo in der Spezialwaffenkommission der Republik die Runde. Dieses Konzept eines „automatisierten Kampfasteroiden“ schaffte es zumindest zu republikanischer Zeit niemals über das Planungsstadium hinaus, sei es aus Anstand, aus Gründen fehlenden Budgets oder womöglich sogar aus ästhetischen Erwägungen – wer weiß? Doch das Galaktische Imperium schreckt bekanntermaßen vor keiner Geschmacklosigkeit zurück und so bestätigten (wenig vertrauenswürdige) Informanten der Rebellion bei Patriim den Fortschritt des Projektes. Man fragt sich ernstlich, welcher imperiale Offizier freiwillig einen fliegenden Stein kommandieren wollen würde. Aus irdischer Sicht ist das Konzept aber gar nicht mal so abwegig. Die Alliierten erwogen einst den Einsatz eines Flugzeugträgers aus massivem Eis für den Zweiten Weltkrieg. Die Bedenkenträger gewannen jedoch, das Projekt löste sich buchstäblich auf, von den Überresten einer verkleinerten Testversion in einem See in Kanada mal abgesehen. Weitaus imposanter gestaltete sich da die Torpedosphäre aus den Produktionsanlagen der Loronar-Gesellschaft. Man stelle sich nur eine zwei Kilometer durchmessende, eiförmige, waffenstarrende Belagerungsplattform vor, die mit genügend Zeit und Geduld im Rücken dazu in der Lage ist, einen planetaren Schild mithilfe hunderter Protonentorpedowerfer zu durchbrechen. Für viele Welten, die es vorzögen, ihre Ruhe vor dem Imperium unter einem Schutzschild zu genießen, ist das mit Sicherheit eine erschreckende Vorstellung. Auch hier kommt wieder die Doktrin der Herrschaft durch Furcht zum Tragen: Warum sich dem Regime nicht gleich anschließen, wenn es sich sonst ohnehin früher oder später holt, was es möchte? Und immerhin scheint das Imperium auch ein Herz für Wintersport zu haben – zumindest wenn man die Prämisse des Projekts Omega-Frost betrachtet. Der berüchtigte interstellare Gefrierstrahl könnte sogar ein so heißes Pflaster wie Tatooine oder Mustafar in ein Skiparadies verwandeln. Glücklicherweise scheint der Plan allerdings der Fantasie eines imperialen Propagandabüros zu entstammen – zumindest in den Augen der Rebellion war dieses Projekt nur Teil einer gezielten imperialen Desinformationskampagne. Denn wenn die Erfahrung eines lehrt, dann, dass erwiesene, faktische Zerstörungskraft zwar mit Sicherheit abschreckende Wirkung haben kann, die Eigendynamik gezielt gestreuter Gerüchte oder gar „alternativer Fakten“ im Regelfall einen noch weitaus verheerenderen Einfluss entfaltet. Und so bleibt bei der Betrachtung imperialer Waffenforschung der Eindruck zurück, dass wenig unmöglich scheint und dem Imperium angesichts seiner vergangenen Gräueltaten auf Welten wie Geonosis, Ghorman oder Mantooine wohl fast alles zuzutrauen ist. So funktioniert effiziente Abschreckung! |
Vom Stapel gelassen … | |
Eine andere Seite der Tarkin-Doktrin demonstrierte das Imperium auch in seiner Kommunikationsstrategie gegenüber seinen treuen Bürgern und künftigen Rekruten. Ehrfurcht ist auch eine Art von Furcht, obschon eine eher positive Form. Insbesondere die öffentlichen Feierlichkeiten zum Tag des Imperiums waren neben pompösen Militärparaden oftmals von der Vorstellung neuer Waffensysteme aus den imperialen Denkfabriken geprägt. So durchschnitt zum Beispiel der experimentelle TIE/ST-X1-Luftüberlegenheitsjäger, landläufig als TIE-Stürmer bekannt, während einer solchen Parade zum zweiten Gründungstag des Imperiums die Häuserschluchten Coruscants und durfte dabei gleich seine Vorzüge bei atmosphärischen Tiefflugangriffen demonstrieren. Aber auch auf den Mitgliedswelten des Imperiums wurde kräftig präsentiert: Prominent zu nennen wäre hier wohl der TIE-V1-Turbosternenjäger, der am 15. Tag des Imperiums auf Lothal vorgestellt wurde. Standesgemäß handelte es sich dabei selbstverständlich um einen Jäger, der in den heimischen Schiffswerften produziert wurde. Man zeigt eben gern, was man hat. Und so wirkt die Doktrin der Herrschaft durch Furcht wohl in zwei Richtungen: Einerseits soll die geballte militärische Macht, das pure Zerstörungspotenzial, mögliche Aufwiegler abschrecken, auf der anderen Seite hingegen vermitteln militärische Muskelspiele dem loyalen Volk eben auch ein Gefühl der Sicherheit, Stabilität, Potenz und in gewisser Weise auch des Stolzes. Genau das machte sich das Galaktische Imperium wieder und wieder zunutze. Besonders Propagandafilme und Rekrutierungsvideos für das imperiale Militär sind hier einschlägige Quellen. Wer weiß, ob sich Han Solo ohne jenen schicksalhaften Werbefilm am Raumhafen Coronet je an der Flottenakademie eingeschrieben hätte. Man muss ihm allerdings zugutehalten, dass der darin dargestellte Kreuzer der Cantwell-Klasse auf den ersten und zweiten Blick durchaus zu beeindrucken vermag. Drei riesenhafte Traktorstrahlprojektoren können selbst große Kampfschiffe mühelos in Position halten und brachten ihm die landläufige Bezeichnung „Fangkreuzer“ ein. |
Ein ganz ähnliches Gefühl werden Opfer des Immobilisator-418-Kreuzers haben, der mit vier sphärischen Gravitationsprojektoren in der Lage ist, ganze Flotten aus dem Hyperraum fallen zu lassen und innerhalb eines kegelförmigen Schwerkraftfeldes gefangen zu halten. Sackgasse – keine Wendemöglichkeit! Mit ihm sollte unter anderem die Erhaltung der Tiefkern-Sicherheitszone garantiert werden, der innersten Bastion imperialer Herrschaft im Falle des Niedergangs. Obwohl das Imperium die Entwicklung und Produktion des Kreuzers aufgrund seiner hohen Empfindlichkeit gegen Beschuss kurz nach Zerstörung des ersten Todessterns wieder einstellte, verblieben noch zahlreiche Exemplare vorläufig im Dienst. Ebenso beliebt, aber doppelt so groß und deutlich besser gepanzert, wenn auch ebenso spärlich bewaffnet, waren dagegen die ebenfalls mit Gravitationsprojektoren ausgestatteten Abfangkreuzer der Interdictor-Klasse aus den Werften von Sienar Flottensysteme. Insbesondere Großadmiral Thrawn erfreute sich ihrer Vorteile und setzte sie bereits seit dem Prototypenstadium in seiner Siebten Flotte ein. Ob im Zel-Dennis-System, über Atollon oder einige Jahre später zum Schutz der Schiffswerften von Fondor, der Macht eines Interdictor-Kreuzers können sich nur wenige entziehen. Furchterregend, effektiv, aber manchmal auch zu gut, um wahr zu sein – diese Eigenschaften setzen sich noch in ganz anderen Bereichen fort. Nächstes Mal werfen wir einen Blick in die Labors und Giftschränke des Imperiums! |
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Beitrag erstmals erschienen im Offiziellen Star Wars Magazin Nr. 92. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Offiziellen Star Wars Magazins. © & TM 2018 Lucasfilm Ltd. All rights reserved. Used under authorization. |