Jedipedia:OSWM 76
→ zurück zur Übersicht aller Ausgaben
Kampfläufer — Vier Beine und ein HallelujaWo sie hintreten, wächst kein Gras mehr: Die Kampfläufer der Imperialen Armee, allen voran der unverkennbare Allterrain-Angriffstransporter, kurz AT-AT. Schwer bewaffnet und vielseitig einsetzbar wurde dieses Fahrzeug zum Symbol imperialer Macht – und massiver Minderwertigkeitskomplexe. Was hat es auf sich mit diesen Kampfmaschinen, und braucht man so etwas wirklich? Wir schauen uns den AT-AT und seinen kleinen Bruder, den AT-ST, einmal näher an. Einsteigen bitte! Hinweis: Die folgenden Ausführungen basieren zum Teil auf Ereignissen aus Star Wars-Legenden, die so in der weit, weit entfernten Galaxis passiert sein können, aber nicht zwangsläufig so passiert sein müssen. |
Einen zünftigen Einstand liefert der AT-AT in Das Imperium schlägt zurück. In der Eiseskälte des Planeten Hoth wird den Rebellen Schritt für Schritt gewaltig eingeheizt. Mittel der Wahl sind dafür die am schwenkbaren Kopf des AT-AT montierten MS-1-Laserkanonen und die FF-4-Repetierblaster der Firma Taim & Bak. Zwar ist die Feuerkraft regulierbar, doch alles außer „volle Pulle“ kommt nicht wirklich infrage. Die Mannschaft bestehend aus Kommandant, Fahrzeugführer und einem Kopiloten bzw. Schützen dirigiert das Feuerwerk aus dem in 20 Metern Höhe gelegenen Cockpit. Aufgrund der schweren Panzerung blieb den Rebellen trotz Heimspiels außer Zuschauen nicht viel übrig – bis jemandem einfiel, dass er noch irgendwo ein Abschleppseil in seinem Schneegleiter hatte. Dieses konnte im Flug um die Beine der Läufer gewickelt werden und nutzte damit seine Schwächen aus: lange Beine, hoher Schwerpunkt – und ein überheblicher Dienstherr. Auch Lichtschwerter, als improvisierter Dosenöffner eingesetzt, erwiesen sich als unerwartete, aber seltene Bedrohung. Dennoch hinterließ der Gigant einen bleibenden Eindruck. In Die Rückkehr der Jedi-Ritter dient er jedoch lediglich als Egoschaukel für Commander Igar, der Luke Skywalker zu Daddy nach Hause bringen darf. Immerhin waren es mit Kränen ausgestattete AT-ATs, die beim Bau der Einrichtungen auf Endor benutzt wurden. In der Tat gab es abseits der Filme mehrere verschiedene Versionen des Läufers. Für Wüsten, für Nachteinsätze, sogar Varianten für Missionen unter Wasser. Auch ihre Bewaffnung war unterschiedlich: Flugabwehrkanonen am Rumpf gegen lästige Jäger oder auch eine dicke Ionenkanone anstatt der üblichen Aufbauten, wenn man mal wirklich Fakten schaffen wollte. Nachhaltig für Ruhe sorgen, ging sogar ganz ohne Waffen. Wer nämlich glaubte, dass es ausreiche, sich in einem Gebäude oder Fahrzeug zu verschanzen, bekam vorgeführt, warum es „jemandem aufs Dach steigen“ heißt. Tatsächlich waren die langen Beine des Läufers mit ihren Stoßdämpfern, Geländescannern, Kolben und Servomotoren für Techniknerds genauso interessant wie die Waffensysteme. Schließlich hatten sie dafür zu sorgen, dass der AT-AT zügig vorankam, nicht über Unebenheiten stolperte und der Rumpf durch die Laufbewegung nicht wackelte wie ein Lämmerschwanz. Legenden zufolge gingen die Stahlmonster auf Prototypen zurück, die bereits während der Schlacht von Jabiim verwendet worden waren. Die heftigen Kinderkrankheiten von damals waren jedoch so schlimm, dass das Konzept für Jahrzehnte in der Schublade verschwand. Das änderte sich erst zu imperialer Zeit. Man hatte schließlich etwas zu kompensieren – unter anderem den Mangel an schwer gepanzerten Bodenfahrzeugen. Die ganze Repulsorliftschweberei ist gut und schön, aber wenn es richtig zur Sache geht, hat man lieber etwas Bodenständiges am Start. Federführend für die Entwicklung war die Imperiale Abteilung für Militärforschung, bei der unter anderem Colonel Veers mitmischte. Als Inspiration diente, wie man hört, ein altes Schauermärchen der Sith über ein vierbeiniges Ungeheuer. Denn den Feind zu vernichten, reichte nach imperialer Doktrin bekanntlich nicht – er soll sich vorher am besten noch in die Hose machen. Solche Geräte fielen nicht einfach vom Himmel – und wenn doch, dann meist standesgemäß in einem imperialen Titan-Landungsschiff, wie wir im Begleitbuch Die Welten der Star-Wars-Trilogie erfahren. Diese charmante Kreuzung aus Raumschiff und Plattenbau enthielt bis zu acht AT-ATs auf einmal. Wo kein Direkttransport vom und zum Sternenzerstörer möglich war, geschah die Anlandung meist in Einzelteilen. Im heißen Einsatz wurde das freilich vermieden – mit dieser IKEA-Taktik machte man sich einfach viel zu schnell lächerlich. Der Kampfläufer selbst konnte wiederum 40 Sturmtruppler oder fünf Düsenschlitten im Rumpf mitführen. Leitern gab es keine, rein und raus kam man im Gelände nur über die ausfahrbaren Seilwinden. Wahlweise konnten sogar zwei zerlegte AT-STs transportiert werden. Ein solcher war mit zwei Beinen und „nur“ rund zwölf Tonnen Gewicht nämlich deutlich handlicher als sein großer Bruder. |
Der Allterrain-Scouttransporter oder AT-ST war dennoch nicht aus dem imperialen Arsenal wegzudenken. Auch wenn er sich seiner Gangart wegen Spitznamen wie „Hühnchen“ gefallen lassen musste, war es doch meist die Gegenseite, die Federn ließ. Grund dafür war seine ungewöhnlich hohe Beweglichkeit und Geschwindigkeit, gepaart mit seiner Ausstattung mit Blastern unter dem drehbaren Kopf, kombiniert mit zusätzlichen Kanonen, Granatwerfern oder anderen Waffen an den Seiten, je nach Modell. Unschön, aber durchaus üblich war das buchstäbliche Überrennen von Widerstandsnestern. Die Dachluke eignete sich sogar als Platz für einen weiteren Schützen mit Blasterkanone – oder einfach für Selfies. Pilot und Schütze hatten damit ein prächtiges Männerspielzeug in den Fingern, das für jeden Infanteristen und auch leichte Fahrzeuge ein watschelnder Albtraum werden konnte. Ein batteriebetriebener Albtraum übrigens, auch wenn das die Herren in den grauen Overalls vielleicht nicht gerne zugeben. Denn für eine eigene Energieversorgung war beim besten Willen kein Platz mehr. Stattdessen griff man auf auswechselbare Hochleistungsenergiezellen zurück. Sein Auftritt in Episode VI verläuft leider nicht sehr ruhmreich. Ein Exemplar fällt beispielsweise einem etwas unfairen Seitenaufpralltest zum Opfer. Ein zweites riecht immer noch übel nach Wookiee … Davon abgesehen war der Scoutläufer im Erweiterten Universum eher eine Erfolgsgeschichte – häufig Seite an Seite mit dem AT-AT zur gegenseitigen Unterstützung. Ob Schnee, Sumpf, Urwald oder Wüste, er stand dem Vierbeiner in der Geländegängigkeit nur in wenig nach. Eines hatte er ihm sogar voraus: Man konnte ihn in handliche Kapseln verpacken und direkt aus dem Orbit abwerfen. Mit seinen Fähigkeiten war er deshalb im Gefecht, auf Patrouille oder in der Aufklärung ein wichtiges Werkzeug. Letzten Endes machten aber mit dem Verschwinden des Imperium und seiner Fertigungsstätten trotz ihres Erfolges auch die Läufer ihren Abgang. Sowohl der AT-AT als auch der AT-ST stellten selbst in der Realität einige technische Herausforderungen. Neumodischen Kram wie Computeranimation gab es zur Zeit der klassischen Trilogie noch nicht, zumindest nicht in dem Maße, wie wir es heute kennen. Die Antwort war zum Großteil die Stop-Motion-Aufnahme von kleinen Miniaturmodellen vor Miniaturlandschaften – und das so oft, dass sich aus den Einzelbildern etwas halbwegs Flüssiges zusammensetzen lässt. Bei aller Liebe zur Handarbeit: Wer ernsthaft glaubt, dass das nach den ersten paar hundert Runden Aufnehmen, Modell bewegen, Aufnehmen usw. noch Spaß macht, ist auf dem Holzweg. Und dann noch dieser ganze Backpulverschnee überall! Industrial Light & Magic, schon damals zuständig für die Spezialeffekte von Star Wars, bestellte vorab sogar eigens einen Elefanten zu sich auf den Parkplatz, um den Dickhäuter beim Laufen zu studieren. Auch das schützte nicht ganz vor Fehlern: Zwei Schnitzer in der Laufanimation mussten später schlicht mit Blastertreffern kaschiert werden. Das Ganze noch einmal zu machen, war bei diesem irrwitzigen Aufwand keine Option. Auf seine Kosten kam das Team dafür wohl beim Filmen der Szenen mit zerstörten Kampfläufern: Ein AT-ST-Modell mit Pyrotechnik spicken und dann mit maßstabsgerechten Baumstämmen plattmachen … Und dafür wird man auch noch bezahlt! Wie gesagt, Männerspielzeug … |
→ zurück zur Übersicht aller Ausgaben
Beitrag erstmals erschienen im Offiziellen Star Wars Magazin Nr. 76. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Offiziellen Star Wars Magazins. © & TM 2015 Lucasfilm Ltd. All rights reserved. Used under authorization. |